re:claim THE HOUSE – Dialog mit Mitgliedern des Deutschen Bundestags in Berlin

Note: German and English version available. Deutsche und Englische Version verfügbar.

Deutsch.
Durch einen glücklichen Zufall konnte ich heute, 16. Oktober 2019, 14-16Uhr, an dem Dialog “re:claim THE HOUSE” zwischen Vertretern verschiedener Klimabewegungen (Prof. Volker Quaschning und Dr. Gregor Hagedorn für “Scientists for Future”, Clara Mayer  für “Fridays for Future”, Ende Gelände, Extinction Rebellion, uva ) und Bundestagsabgeordneten verschiedener Parteien (CDU, SPD, Grünen, FDP, Linke) teilnehmen. Die Veranstaltungen wurde von MdB Marco Bülow (parteilos) organisiert und wurde als livestream bei Facebook übertragen [1].
Durch einen Einstiegsvortrag von Prof. Volker Quaschning wurde sowohl die Dringlichkeit und Ernst der Lage als auch das bisherige politische Versagen der Parteien auf dramatische Weise deutlich. Der daraus folgende Dialog bestand aus den bekannten Haltungen der Klimabewegungen als auch der Parteien, wobei deutlich wurde, dass der Druck der Klimaproteste im letzten Jahr deutlichen Einfluss auf die Haltung der Parteien ausgeübt haben. Die Vertreterin der CDU machte deutlich, dass extremere Massnahmen als die des aktuellen Klimapakets nicht durch ihre Wählerschaft unterstützt würden, und sie aus Gründen des Machterhalts nicht darüber hinaus gehen können. Der Wunsch der Klimabewegungen nach mehr Demokratie und Rücksicht auf die Forderungen der Protestbewegungen könne daher nicht umgesetzt werden. Leider drehte sich dadurch während der Veranstaltung die Diskussion im Kreis  bzw kam nicht vorwärts.
Nachdem meine Meldung in der Diskussion zunächst ignoriert wurde, konnte ich glücklicherweise das sprichwörtliche “letzte Wort” vor Ende der Veranstaltung erhalten. Ich wies darauf hin, dass die Diskussion stillweigend von drei Annahmen ausging, welche meiner Meinung nach falsch sind, und daher eine Lösung verhindern:
1) Der demokratische Prozess kann das Problem lösen.
=> Nein, weil die Dringlichkeit und Umfang der Krise Notstandsmassnahmen mit begrenzter demokratischer Beteiligung erfordern.
2) Das Volk als Souverän entscheidet stets klug und moralisch richtig.
=> Nein, weil die Mehrheit der deutschen Wähler die Dringlichkeit und Umfang der Krise nicht verstanden hat, oder nicht verstehen will, weil die Eigenintressen der Wähler überwiegen oder sie einfach aufgeben haben.
3) Es liegt eine geophysikalische Krise vor.
=> Nein, weil die Krise nicht durch natürliche Veränderungen (zB Vulkanausbruch) verursacht wird, sondern durch Entscheidungen von Menschen fossile Brennstoffe zu förden und zu verbrauchen, und kein Prozess vorliegt, die Konzepte, Normen, und Gewohnheiten unserer Gesellschaft in kürzester Zeit nachhaltig zu verändern.
Zusammenfassend hat sich durch die Diskussion mein Eindruck verstärkt, dass durch die aktuellen Parteien im Deutschen Bundestag keine relevanten Klimaschutzmassnahmen zu erwarten sind und weiter massiver Druck durch Klimaproteste notwendig ist, um eine geringe Chance zu haben, eine Katastrophe für die zukünftigen Generationen der Menschheit zu vermeiden.

English.

I was lucky to be able to attend a dialogue between climate movements (Scientists/Fridays For Future incl Prof. Volker Quaschning und Dr. Gregor Hagedorn, Extinction Rebellion, and many others) with members of the German parliament of various parties (CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke) today, some of which left early however. The event was organized by MdB Marco Bülow (no party affiliation) [1].
 
The introductory presentation by Prof. Volker Quaschning made the dramatic gap between the urgency and scale of the climate crisis and the failure/counteraction of the German government clear. Representatives of the parties and the climate movement then shortly presented their known positions. It was emphasized, that the climate protests over the last year had a strong impact on political thinking. The MdB of the CDU made clear, that more extreme measures than included in the highly criticized climate package were not supported by voters in general. Therefore, demands for more democracy and climate justice by climate movements were not possible without losing support, resp power.
 
Although my wish to speak was ignored for a while, this gave me the opportunity to have literally the “last word” and highlight that the discussion is based on three tacit assumptions, which are wrong and stand in the way of climate protection:
1) The democratic process can solve the problem.
=> No, because urgency and scale of the crisis demand emergency action even without (current) democratic support.
2) The people as the sovereign always makes wise and moral decisions.
=> No, because the majority of the people in Germany do not understand the urgency and scale of the crisis or do not want to understand because of immediate self-interest or apathy.
3) There is a geophysical crisis.
=> No, because the crisis is not caused by natural disaster (eg vulcano eruption), but human decisions to burn fossil fuels. Although climate science is well-understood, we do not understand how to transform a society within an incredible short time to very different concepts, norms, and habits.
 
In summary, I do not expect relevant climate action from the current parties in the parliament. Therefore, massive protests are needed by grass-roots movement, to have a small chance to avoid catastophic levels of global heating.
 
[1] https://www.facebook.com/793947750621975/posts/3047087185308009?sfns=mo
Figure 1:  Dialog “re:claim THE HOUSE”

http://wilmarigl.de

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